Klaus Kinold

Panorama

EXHIBITION Dec 1, 1983 — Jan 30, 1984

"••• als wenn einem die Augenlider abgeschnitten wären". In dieser Bemerkung hat Heinrich von Kleist seiner Eindrücke zu Bildern von Caspar David Friedrich wie "Der Mönch am Meer" (1810) gipfeln lassen. Bei den das Blickfeld aufreißenden Panorama Photographien von Klaus Kinold stellt sich ein ähnlicher Effekt ein. Kinold, der als Architektur-Photograph internationales Ansehen hat, zeigt mit dieser Ausstellung einen Schwerpunkt seiner freien künstlerischen Arbeit in strengen, subtil wirkenden Breitphotos. Sie sind rein dokumentarisch - falls es so etwas gibt - zeigen aber auch parallel eine innere Landschaft des Unsichtbaren. Die für das menschliche Auge unnatürliche Überschärfe dieser Aufnahmen bis in die Bildecken gibt den abgebildeten Gegenständen eine fast surreal phantastische Präsenz. Und da in der Regel nichts Anekdotisch-Novellistisches von ihrer Gegenwart ablenkt, wächst ihnen eine fast magische Kraft im Bildganzen zu. In den nackten, offen daliegenden Landschaften von Sylt oder Fuerteventura, in ihrer spürbaren Weite, werden die verstreuten Überbleibsel der Zivilisation - Verkehrszeichen, ein Fußballtor, die Grundstücksabgrenzungen für eine projektierte Siedlung, die nie gebaut wird - als absurde Fremdkörper entlarvt. Es sind keine pittoresken Ausschnitt-Idyllen aus Naturzusammenhängen, sondern aus dem Geiste der Natur und der geologischen zusammenhänge entwickelte Kompositionen; sensible, subjektiv empfundene und ernsthafte Beschreibungen der Erdoberfläche, so wie sie von der Natur geformt, vom Menschen gestaltet, bebaut, zerstört oder beschmutzt wurde. Man kann buchstäblich darin herumgehen; man erlebt eine Illusion von Kontinuität, verliert sich in der Tiefe und Breite einer anderen Wirklichkeit, wird erfaßt von den leeren, ungebremsten Weiten. Weiten, die noch auf der Erde sowohl in der Einsamkeit wie im Getriebe der Großstadt zu entdecken sind.