Henry Lewis
EXHIBITION Mar 29 — Apr 28, 1984
Exhibition Text
Der australische Photograph Henry Lewis, 1957 in Sydney geboren, war 19 Jahre alt, als er seine ersten Maskenbilder produzierte. Mit Pappe und bunten Federn verwandelte er sein Gesicht in Fantasievögel und -tiere, die unmittelbar die rituellen Künste der Aborigines reflektieren. Im grellen, aggressiven Tageslicht der
südlichen Hemisphäre entstanden groteske Selbstbildnisse, die einerseits der Vertreibung böser Geister huldigen, andererseits die Verkörperung irrationaler Unbändigkeit im Menschen darstellen. Als Student am San Francisco Art Institut hat Henry Lewis in den Jahren von 1977–80 diese Bildsprache ständig verfeinert. Die Mittel seiner Verwandlungen wurden einfacher, banaler; das Spiel von Licht und Schatten schafft nun die Theatralik. Manche dieser Arbeiten erinnern an die Selbstportraits von Helmar Lerski, jedoch steht das Gesicht als Zeugnis einer bestimmten Persönlichkeit weit im Hintergrund. Es ist vielmehr wie die Leinwand des Malers neutraler Träger bildlicher Komposition. Kein Zufall, daß Henry Lewis sich eher mit Malern als mit Photographen identifiziert. Fäden überkreuzen sein Gesicht wie gemalte Schraffuren und Tesaband baut sich wie Impasto auf. Minimalste Variationen erzeugen radikale Stimmungsgegensätze: Naivität, Brutalität,
Verschlagenheit oder Angst. 1980 siedelte sich der Photograph mit seiner Ehefrau, der Bildhauerin Christiane Thomas, auf einem Bauernhof in Südfrankreich an. Seither hat er neben seinen Portraits auch eine Serie von Handbildern erstellt. Eine Hand ist umschlungen, behangen oder verkleidet mit Blättern, Kohl
oder Klebeband und wird zum drei-dimensionalen Gegenstand stilisiert. Die neue perspektivische Tiefe beging einen höheren Grad an Abstraktion, der zum Hauptthema in seinen "Maibäumen" wird. Gegenwärtig arbeitet der Photograph an einer umfangreichen Reihe über seinen zehnjährigen Stiefsohn. Durch die Verwendung von breiten Papierstreifen gewinnt die Figur eine Eleganz und Zärtlichkeit, die an Henry Lewis' Lieblingsphotographen Lewis Carroll erinnern.